Zuhause leben und sterben – doch was ist zuhause?

So einiges deutet darauf hin, dass sich die Ansichten zum Sterben verändern.

Lange Zeit schien die Aussage „Ambulant vor stationär“ unbezweifelbar. Aber seit einiger Zeit gibt es Anzeichen, die auf ein Umdenken hinweisen. Unsere Autorin Lisa Freund hat ihre Erfahrungen im Umgang mit Seminar-Teilnehmerinnen und mit Menschen in ihrer letzten Lebensphase aufgeschrieben. So einiges deutet darauf hin, dass sich die Ansichten zum Sterben verändern. Manches scheint in einem veränderten Life-Style begründet, so manches auch in persönlichen Erfahrungen. Und es stellt sich die Frage: Was ist das eigentlich, das „Zuhause“?

 

Der Mensch ist dort zuhause wo sein Herz ist,
nicht dort, wo sein Körper ist.

Mahatma Gandhi

 

Ich sitze in der Abendsonne und denke über eine Erfahrung nach, die ich in einem meiner Seminare gerade gemacht habe. Von 20 Personen, die während einer langen geleiteten Imagination sich ihr Sterben und den Tod vorgestellt haben, wollen zwei Drittel nicht zuhause sterben, sondern an einem geschützten Ort, an dem sie sich wohlfühlen, gut betreut von ihrem Arzt und Pflegekräften. Eine Mehrheit möchte die letzten Minuten alleine und ungestört sein, vorher aber gerne die Geborgenheit der Familie und des Freundeskreises spüren. Alle betonen, wie wichtig ihnen ein stimmiges, ganzheitliches Umfeld ist. Der Sterbeort, den sich meine TeilnehmerInnen ausmalen, strahlt Geborgenheit und Wärme aus, ist ein Wohlfühlort – an dem zugleich eine einfühlsame, kompetente medizinische und pflegerische Versorgung gewährleistet ist. Auch ein Pflegebett ist da sowie Hilfsmittel. Gemütlich ist es trotzdem. Das Umfeld schafft ein Gefühl von Sicherheit inmitten der aufrührerischen inneren Prozesse, die das Verlassen dieser Welt begleiten.

„Die Reise durch den Tod“ leite ich in längeren Seminaren, in denen ich sie atmosphärisch gut vorbereiten kann, seit 1995 an. Bis vor etwa zwei Jahren war es der ausdrückliche Wunsch der Mehrzahl meiner TeilnehmerInnen, im eigenen Zuhause, umgeben von den liebsten Menschen den Körper zu verlassen. In diesem Jahr passiert es mir das zweite Mal, dass sich die Mehrzahl der Imaginierenden im Sterben ausdrücklich nicht in den eigenen vier Wänden sieht. Es handelt sich um Menschen aller Generationen, unterschiedlicher spiritueller und politischer Orientierungen, die sich beruflich oder aus persönlichen Gründen mit dem Sterben auseinander setzen. Sie sehen das Sterben als Wandlung, in dem sich die Seele oder der Geist vom Körper lösen, um wieder eins zu werden mit etwas Größerem, das viele Namen haben kann. In diesem schwierigen Prozess wollen sie optimal versorgt und begleitet werden. Eine Teilnehmerin sagt: „ Es ist ein Mysterium für mich, wo es hingeht. Ich weiß, das Leben geht weiter, nur anders. Was nach dem Tod kommt, weiß ich nicht. Klar ist, ich lasse alles zurück, meine Wohnung, meinen Körper, meine Kinder, meine Freunde, meine Weltanschauung. Was bleibt? Mein Zuhause ist jetzt innen. Alles, was außerhalb von mir ist, wünsche ich mir als Hilfestellung für diese Reise ins Unbekannte. Zuhause möchte ich nicht sterben. Das Krankenhaus ist für mich ein Horror. Ich will ins Hospiz. Ich will einfühlsame Profis um mich herum haben, nicht überlastete Familienmitglieder. Letzteres finde ich eher anstrengend.“ – Sigrid aus Mannheim

 Woher kommt diese Umorientierung – zeigt sie einen Trend an?

Meine GruppenteilnehmerInnen bevorzugen es zunehmend alleine, aber gut versorgt, zu sterben. Mein Klientel ist gut informiert über Versorgungangebote in der letzten Lebensphase. Als die Hospizbewegung begann, war es das Anliegen, jedem am Lebensende eine Hand zu reichen und niemanden alleine zu lassen. Begleitung bis zuletzt oblag neben den Angehörigen viel den Ehrenamtlichen, die meist ihrer Intuition folgten. Mit der Entwicklung der Palliativmedizin, der Professionalisierung der Begleitung bis zum Lebensende sorgen gut geschulte Profis von den Pflegenden bis hin zu Trauerbegleitern für den Sterbenden und die Angehörigen. Es gibt Qualitätsstandards, auch im Hinblick auf die Ausbildung ehrenamtlicher Mitarbeiter. Sie sind nahezu Semiprofessionelle. Das geht, weil die palliative Versorgung zu einem gesellschaftlichen Anliegen geworden ist. Die Angebote werden finanziert. Beobachtungen in Hospizen zeigen, bis zu 50 Prozent der betreuten Menschen bevorzugen es, alleine zu sterben. Damit hat man in den Anfängen der Hospizbewegung nicht gerechnet. Gut ausgestattete Einrichtungen wie Hospize und Palliativstationen werden mehr und mehr nachgefragt, das sieht man an den Wartelisten für Hospize, die nicht abnehmen, obwohl die Zahl der Hospize ständig wächst. Gibt es Zusammenhänge zwischen den Wünschen für die letzte Lebenszeit und den neuen Möglichkeiten? Für mich sieht das ganz so aus.

Jedoch ist die Aufklärung über die Möglichkeiten der palliativen Versorgung in Deutschland immer noch unzureichend, so Professor Lukas Radbruch von der deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin. Vermutlich dürften immer mehr Menschen auf palliative Versorgungsangebote – ambulante wie stationäre zurückgreifen – wenn sie darüber Bescheid wissen und dieselben noch ausgebaut werden. Dies auch schon deshalb, weil die Familien mit der Fürsorge für ihre Sterbenskranken oft überlastet sind, bzw. weil es auch wegen der Zunahme von Single-Haushalten und der Tatsache, dass die Kinder öfter in alle Welt verstreut sind, nur wenige Menschen aus dem Kreis der Angehörigen und Freunde gibt, die eine Versorgung zuhause mit tragen können.

Ambulant vor stationär?

Sicher ist es wichtig und sinnvoll, die ambulante  palliativmedizinische Versorgung in Deutschland noch erheblich auszubauen. Erlaubt sei dennoch eine ketzerische Frage: Was ist, wenn in Zukunft weniger Menschen zuhause sterben wollen, als wir das jetzt vermuten?

Wo wir sterben wollen, hat viel damit zu tun, wie wir leben, welche Werte und Vorstellungen wir mit unserem Zuhause verbinden. Wenn die Gedanken über Sterbeorte etwas mit den Lebensvorstellungen zu tun haben, dann sollten wir dorthin schauen. Eine Studie über die „Zukunft des Wohnens“ beschreibt neueste Trends wie eine Zunahme von Flexibilität und Mobilität, das Bedürfnis, dass der Wohnraum zum ganzheitlichen Erleben werden soll mit Hilfe von Klang, Farbe, Einrichtung und Technik im Sinne einer Gesamtkomposition. Wir haben heute eher Lebensabschnittsvorstellungen, die sich immer wieder ändern. Dies gilt auch für das Wohnen. Technik spielt eine wichtige Rolle …  Einrichtungen sind funktional im Hinblick auf die Lebensentwürfe, denen sie dienen. Und die Lebensentwürfe ändern sich, sind keine Konstante. Ich denke darüber nach: Was heißt das für den letzten Lebensabschnitt? [1]Zukunft des Wohnens, Studie – https://www.zukunftsinstitut.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/Leseproben/leseprobe_zukunft_des_wohnens.pdf

Mit diesen Gedanken im Kopf blättere ich im Katalog eines bekannten Möbelhauses und stoße auf Aussagen junger Menschen zum Thema: „Was macht deine Wohnung zum Zuhause?“ Anna ist viel gereist, lebte in Neuseeland, Kopenhagen und anderswo. Sie sagt: „Home is where the heart is“. [2]Ikea Katalog 2017, S. 95 f Die Menschen, die sie um sich hat, mit denen sie sich wohl fühlt, machen das Zuhause aus. Sie hängt nicht besonders an materiellen Dingen. Nur wenige, einzelne Möbelstücke sind für sie Ausdruck ihrer Persönlichkeit. Für Mohammed ist ein Zuhause eher mit dem Gefühl von Vertrautheit verbunden. Seine Musik gehört dazu. Er ist zuhause, wo er sich wohlfühlt und entspannen kann. Andere Befragte sagen, zuhause sei gemütlich und warm, eher ein Gefühl. Es sei Familie und etwas Befreiendes. Eric ist oft umgezogen. Zuhause ist für ihn verbunden mit Ruhe. Es ist ein Platz für den Rückzug, der nicht an einen Ort gebunden ist. [3]Ikea Katalog 2017, S. 95 f Die oben genannte Studie weist den Weg in eine ähnliche Richtung. Ich schlussfolgere daraus: Zuhause ist eher ein innerer als ein äußerer Ort des Wohlbefindens.

Wenn dies die realistische Beschreibung eines neuen Lebensgefühls der jüngeren Generation ist, dann wird sich das auswirken auf die Wünsche nach dem Sterbeort, der zugleich letzter Lebensort ist. Ich hab mal einige Menschen gefragt, die ihre Angehörigen bis zuletzt begleitet haben, wo sie gerne ihre letzte Lebenszeit verbringen wollen. Es ist keine repräsentative Umfrage. Hier sind einige ausgewählte Antworten:

Frederic will die letzten Tage ins Hospiz

Geraldine erzählt: „Ja, ich habe meinen Mann, meine große Liebe, wir haben uns erst Mitte Fünfzig kennen gelernt, bis zum Tod begleitet. Uns blieben sieben gemeinsame Jahre. Die letzten beiden Jahre waren geprägt von seiner Krankheit. Ich möchte nicht eine Sekunde missen von dieser wertvollen, gemeinsamen Zeit. Die Liebe zu ihm ist immer noch tief in meinem Herzen. Wir haben uns drei Jahre vor seinem Tod eine Eigentumswohnung gekauft und dort gelebt. Als sein unheilbarer Krebs diagnostiziert wurde und der erste Schock überwunden war, haben wir öfter über die den Tod gesprochen. Frederic wollte keinesfalls in unserer Wohnung sterben. Er hatte das Gefühl, das verunreinige diesen Ort. Unser Zuhause sollte in meiner Erinnerung bleiben als ein Ort, an dem Freude, Glück und unsere Liebe wohnen. Der Tod sollte hier nicht einziehen. Er wollte, dass ich alleine hier weiter lebe und unsere Wohnung nach seinem Tod mit guten Erinnerungen, nicht mit Schrecken verbunden ist. Wir hatten eine gute palliative Versorgung zuhause und haben uns rechtzeitig zusammen ein Hospiz vor Ort angeschaut, ihn dort angemeldet. Er verbrachte die letzte Woche seines Lebens im Hospiz und war sehr froh, so gut betreut zu sein. Frederic freute sich, dass ich entlastet war. Ich schlief mit in seinem Zimmer. Wir waren so innig zusammen und auch ich hatte einen Halt. Ein Pfleger hat sich liebevoll um mich gekümmert. Es war die Lösung, die für uns gestimmt hat.“

Thea will im Krankenhaus sterben

Als Thea immer schwächer wurde, hätte sie zuhause versorgt werden können. Es gab einen Plan. Ihre Freunde wollten sich zusammen tun, um eine palliative Versorgung zuhause in den letzten Lebenstagen für sie zu ermöglichen. Sie war Single, hatte keine Familie mehr und 67 Jahre alt. Doch Thea wollte auf keinen Fall zuhause sterben, weil sie sich dort nicht sicher fühlte. Die körperlichen Ausfälle nahmen zu. Sie hatte Angst, alleine zu sein, benötigte Fürsorge rund um die Uhr. Sie wollte die Freunde nicht mit sich belasten. Auch ein Hospiz und eine Palliativstation kamen für sie nicht in Frage. Sie sagte: „Gebt mich nicht in die „Endstation. Das ertrage ich nicht!“  Thea verbrachte die letzten drei Wochen in der onkologischen Station ihres Krankenhauses unter der Obhut des Arztes, der sie jahrelang betreut hatte. Hier fühlte sie sich sicher und geborgen. Als junge Frau hasste sie Krankenhäuser. Sie vertrat vehement die Ansicht, dort niemals sterben zu wollen. Jetzt war die Onkologie, das Einzelzimmer mit Blick auf den Park, ihre letzte Zuflucht. Was zählte, war die gute Versorgung, einschließlich der Chemotherapie, auf der sie bestand, noch bis einen Tag vor ihrem Tod, obwohl ihr Arzt davon abriet. Ihre Freunde waren immer um sie herum und gaben ihr das Gefühl von Wärme und Schutz. Sie fühlte sich wertgeschätzt, gut behandelt und sicher. Darum ging es. Thea starb in den Armen einer Freundin.

Maria will zuhause bleiben

Maria ist erst 30 Jahre alt, als sie stirbt. Sie hat ein Mamakarzinom, das metastasiert hat. Sie will in jedem Fall zuhause sterben. Mit Hilfe eines Palliativmediziners, der nach Hause kommt, und eines fachkundigen Pflegedienstes ist das möglich. Ihr Partner und ihre Freunde teilen sich die Fürsorge. Das Netzwerk trägt. Sie stirbt in ihrer Wohnung, dem Ort, an dem sie sich wohl fühlt, ist geborgen in ihrem Bett. Ein Pflegebett hat sie abgelehnt. Es ging auch ohne.

Eva und die „Palli“

Eva bleibt so lange sie kann in ihrer Wohnung, hat aber für alle Fälle auch schon eingeplant, die letzten Tage, wenn die Versorgung schwieriger wird, in die Palliativstation zu gehen. Sie hat das Gefühl, dort besser aufgehoben zu sein. Ich frage sie, ob sie ihre Wohnung vermisst. Sie antwortet. „Ich bin froh, dass ich alles aufgelöst habe. Jetzt ist es wichtiger, dass ich mich sicher fühle. Es strengt mich an darüber nachzudenken, wer morgen kommt oder wer die Wohnungstür öffnet oder wer mir helfen kann. Das ist alles zu viel. Die Palli ist wie eine Befreiung für mich. Ich kann dort besser loslassen.“

Zuhause ist innen

Kann es ein, dass der Sterbeort vor allem ein Raum ist, an dem wir geschützt, gut versorgt, wertgeschätzt, angenommen sind in unserer Schwäche und mit unseren Stärken? Ein Ort, an dem wir entlastet werden, vertrauen können, uns geborgen fühlen, ohne uns darum zu sorgen, wie es weiter geht. Ist es ein Ort, der unsere Seele beflügelt und unseren Körper gut versorgt, verbunden mit dem Empfinden von Aufgehobensein in all den Unwägbarkeiten und Wohlbefinden? Für einige sind die eigenen vier Wände, also das äußere Zuhause, spätestens jetzt nicht mehr so wichtig.

Es wird deutlich, dass Wohlbefinden nicht nur von äußeren Umständen wie einer guten Symptomkontrolle und kompetenter Pflege sondern auch von inneren Empfindungen und Prozessen abhängt, davon, dass wir den Anker in uns finden, unseren Kern, in dem wir zuhause sind. Die äußeren Umstände sollten so sein, dass die uns innewohnende Kraft entfaltet werden kann. Sie schaffen die Rahmenbedingungen für die Wandlung vom Kern in den Raum, mehr nicht. Wir befreien uns von der Fixierung unseres Bewusstseins auf äußere Umstände wie die Ortsgebundenheit und mehr. Hat das etwas mit der Globalisierung zu tun? Sind wir in den letzten Jahren mehr denn je zu Kosmopoliten geworden, zu Weltbewohnern? Oder ist es einfach  so, dass wir mit der öffentlichen Aufhebung des Tabus rund um das Sterben der Realität der Wandlung ins Auge sehen, die der Tod einleitet? Wenn wir den Tod als einen Teil des Lebens begreifen, beginnen wir mit dem „Vermeiden“ aufzuhören. Wir schauen hin, setzten uns mit ihm auseinander, lernen über ihn und gehen mit ihm um.

Jede von uns ist anders – also benötigen wir für die letzte Lebenszeit, den letzten Lebensabschnitt, den wir selbst bestimmt und in Würde verbringen wollen, einen äußeren Ort, der uns innerlich nährt, uns Geborgenheit und ein Gefühl der Sicherheit gibt, inmitten der heftigen Prozesse, die uns beuteln, wenn Körper, Geist und Seele sich in der Lösung von dieser Welt befinden. In diesem Sinne ist ein äußerer Ort, der uns innerlich inspiriert, wichtig. Jede von uns ist anders und daher ist es  gut, unterschiedliche Angebote und Möglichkeiten zu haben.

Das zeigt auch das Modell des teilstationären Hospizes von Ricam, siehe ED-Link. In diesem Konzept greift alles ineinander. Das tragende Prinzip ist die Gemeinschaft, die die Betreuung zuhause mitträgt, ebenso wie den Aufenthalt im Tageshospiz und im traditionellen Hospiz sowie das Pendeln zwischen den Orten, die jetzt aber einen gemeinsamen Orientierungsrahmen bieten: „Die Ricam-family.“ Es gibt eine Kontinuität, ein tragendes Band bei den äußeren Ortswechseln.

Sollten wir umdenken im Hinblick auf die unbedingte Prioritätensetzung eines scheinbar unumstößlichen Mottos der Hospizbewegung: „Ambulant kommt vor stationär“?  Für mich geht es darum, jeder soll selbst bestimmt und in Würde den Sterbeort wählen können, der ihm hilft, im inneren Zuhause anzukommen, insofern die Umstände es zulassen. Mit dem Anker in diesem inneren Ort, können wir die Reise in das Mysterium des Todes und in alles, was danach kommt, vielleicht einfacher antreten … wer weiß.

Wir starten jede Reise von Zuhause aus und wir nehmen das Zuhause in uns überall mit hin. Wie gut tun uns Menschen, die innerlich angekommen sind, in sich ruhen, die bei sich sind…! Könnte das nicht ein wichtiger Fokus sein für alle Aktivitäten, die wir in der Fürsorge für Menschen in der letzten Lebensphase entwickeln? Wir helfen ihnen und damit auch uns selber, das innere Zuhause zu finden. Dies ist besonders wichtig in einer Welt, in der Mobilität sowohl physisch als auch virtuell zählt, in der wir uns mit überall vernetzen. Wir können an unterschiedlichen Orten sein, wenn wir innerlich angekommen sind, unseren Platz in uns eingenommen haben. Der äußere Ort sollte unseren inneren Prozessen dienen und ebenso eine angemessene, Befriedigung unserer Grundbedürfnisse ermöglichen. Wir bewegen uns zwischen Lebensabschnittsorten und wollen auswählen, was auf für den Einzelnen in der entsprechenden Lebensphase passt. Bedürfnisse sind unterschiedlich, vielfältig.

Die Angebote für die letzte Lebensphase entlang der Bedürfnisse selbst bestimmter Individuen zu entwickeln und zu finanzieren; das ist immer noch eine Herausforderung. Wir sollten sie annehmen, zupacken und unterschiedliche Modelle der Betreuung entwickeln, die sich ergänzen. Für mich geht es nicht darum entweder ambulant oder stationär untergebracht zu sein, sondern bedürfnisgerecht. Gerne möchte ich das Entweder-ambulant- oder stationär umwandeln in das Miteinander einer Vielfalt von Möglichkeiten der selbst bestimmten Gestaltung des Lebensendes, aus denen ich die wählen kann, die mir entspricht. Es ist ein spannender Prozess für alle in unserer Gesellschaft.  „Wir sind alle auf dem Weg zum Friedhof“ (Ayya Khema, eine buddhistische Lehrerin). Das bedeutet,  jede von uns wird sich dem Thema früher oder später stellen müssen.

Die Schrecken des Todes beruhen großenteils auf dem falschen Schein, dass jetzt das Ich verschwindet und die Welt bleibe. Vielmehr aber ist das Gegenteil wahr: Die Welt verschwindet, hingegen der innerste Kern des Ich, der Träger und Hervorbringer jenes Subjekts, in dessen Vorstellung allein die Welt ihr Dasein hatte, beharrt. [4]1) Quelle: Die Welt als Wille und Vorstellung, Hauptwerke Band I, Köln: Parkland, 2000, S. 1077, II,48, ISBN: 3880599734

Arthur Schopenhauer

Exkurs Faktencheck

Eine Studie der Bertelsmann Stiftung von 2015 zeigt, fast jeder zweite ältere Mensch stirbt in einer Klinik, was lediglich sechs Prozent der Deutschen möchten und nur ca. 30 % haben palliativmedizinische Angebote in Anspruch genommen. In Baden Württemberg ist die palliativmedizinische Versorgung schon recht gut. Dort sterben 41% der Menschen im Krankenhaus. Im Faktencheck der Studie wird ermittelt, wie die Versorgung am Lebensende in den deutschen Bundesländern aussieht. [5]http://www.bpb.de/politik/grundfragen/deutsche-verhaeltnisse-eine-sozialkunde 138030/die-familiendemografische-entwicklung-in-deutschland

Eine Schlussfolgerung ist, ein Ausbau der ambulanten palliativen Versorgung wird zu einer Verbesserung der Lage Sterbenskranker führen und weniger Menschen werden in Akutkrankenhäusern sterben. Unnötige, belastende Therapien am Lebensende werden zugunsten einer umfassenden palliativmedizinischen Versorgung verhindert.


Infos über ambulante palliative Versorgung

Über die palliativen Versorgungsangebote zuhause nach AAPV und SAPV informieren die folgenden Videos auf unserer Website:

http://www.elysium.digital/allgemein/videos/videos-ambulante-palliativversorgung-zuhause-palliativ-care/video-zuhause-sterben/

Kinderbuch „Der Baum der Erinnerung“

 

Lisa Freund
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Eine Antwort

  1. 31. März 2017

    […] Zuhause leben und sterben – doch was ist zuhause? […]

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