Riten des Übergangs

Zwölf Aspekte für die Gestaltung von Ritualen in der Sterbebegleitung

5. Worauf man beim Ritual achten muss

Der Teufel steckt im Detail
Ein gutes Ritual, das wir selber gestalten, muss sehr genau geplant werden. Es braucht einen Spannungsbogen. Auf dem Höhepunkt auch ein Element, das den Brückenschlag ins Transzendente enthält, ein Gebet, eine stille Meditation, eine Visualisatierung, einen Textvortrag, einen Segen. In die Handlung des Rituals ordnen wir Symbole ein und geben den Teilen der Handlung selber eine symbolische Bedeutung. Nichts geschieht um seiner selbst willen. Insofern bedarf es, selbst beim kleinsten Ritual, genauer Planung. Das heißt nicht, dass auch in der Durchführung ab und zu improvisiert werden sollte oder muss, z. B. dann, wenn der CD-Recorder nicht anspringen will oder der Einzug in die Trauerhalle nicht geordnet und ruhig geschehen ist. Der Teufel steckt im Detail. Das Delegieren von Aufgaben, eine genaue Planung (auch die Kopie des Handlungsablaufs auf einem Zettel, der allen zur Verfügung steht) sind hier wichtig. Wenn gemeinsam gesungen werden soll, sollten wir Liedtexte und Noten kopieren.

Das Heft in der Hand halten
Jedes Ritual hat eine ZeremonienmeisterIn, die den Ablauf überblickt, Anweisungen für den Ablauf, die Raumgestaltung gibt, auf die Details achtet und die Einsätze der Einzelpersonen und Inhalte regelt. Die Zeremonienmeisterin oder Koordinatorin hat den Überblick und kennt den Hintergrund der Handlungsabläufe und der Symbolik genau. Sie fällt die wesentlichen Entscheidungen für die Durchführung eines Rituals.

Einstimmung
Die innere, feierliche Einstimmung auf das Geschehen von Seiten der Beteiligten ist wichtig. Wir drücken das auch in der Kleidung aus, z.B. in der Trauerfeier, indem man sich weiße Kleidung als Symbol für den Weg ins Licht oder schwarze, als Ausdruck tiefer Trauer wünscht, oder bunte Kleidung, weil der Tod als Teil des Lebens gesehen wird. Wichtiger ist die innere Würdigung des Prozesses (Respekt), den man gemeinsam geht. Das bringt oft eine natürliche Feierlichkeit mit sich.

Der geschützte Raum
Die Wahl des Ortes bestimmt darüber, auf welche Weise wir Atmosphäre gestalten, die Trauerhalle oder das Restaurant oder das Clubcafé oder das eigene Wohnzimmer. Wir schmücken den Raum zur inneren Einstimmung, um den Zweck, das Ziel zu unterstützen.
Die Einladung der Gäste, sollte das Anliegen zum Ausdruck bringen und das Ritual inhaltlich vorbereiten. Im Schutz der Gemeinschaft sollte das Ritual, den Trauernden Geborgenheit, Verständnis und Mitgefühl bieten. Gefühle dürfen ausgedrückt werden. Wenn Tränen fließen, sind wir berührt und in der Berührung werden wir weicher, erfahren wir die Öffnung des Herzens, aus der heraus die Bereitschaft zur Hingabe, zu dem „Dein Wille geschehe“ im Gebet, in der Meditation entstehen kann. Wenn dies gelingt, fühlen wir uns gestärkt, als Teil der Schöpfung mit den Lebenden und Verstorbenen verbunden. Unsere Widerstände gegen den Verlust dürfen fließen in ein Verstehen der größeren Zusammenhänge, aus dem heraus Vertrauen entsteht, das durch die Schmerzen der Trauerzeit trägt. Ein gutes Trauerritual gibt uns Kraft im Leiden, öffnet den Weg in die Zukunft, indem es den Abschied rund werden lässt.

Ritus und Fest
Zum Ritus gehört das Fest. Das Abschiednehmen im Trauerritual vollziehen wir in feierlichem Rahmen. Beim Fest steht im Vordergrund, dass das Leben miteinander weiter geht. Wir feiern den Neubeginn ganz handfest, indem wir uns nähren, essen und trinken, miteinander reden.
In der Agrargesellschaft drückte sich im Leichenschmaus nach der Feier auf einem Bauernhof die neue Lebensordnung schon bei Tisch aus. Dort, wo vorher der verstorbene Familienvater saß, nimmt nun der älteste Sohn den Platz mit seiner Frau und den Kindern ein. Man sitzt in neuer Ordnung um den Tisch herum. Das Leben geht nun anderes weiter, folgt neuen Regeln. Wir sollten auch heute auf das Fest nicht verzichten. Es feiert das Leben, gibt Raum für Begegnung und schafft Gemeinschaft. Der
Keim des Neubeginns wird spürbar, auch wenn die Trauer erst noch durchwandert werden will. Gerade darin liegt seine Kraft.

Lisa Freund
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Eine Antwort

  1. 1. November 2016

    […] Uller Gscheidel erläutert, dass Rituale eine Gemeinschaft schaffen und Übergänge erleichtern. Aus der Sicht des Bestatters schreibt er, worauf man unbedingt achten sollte. In unserem Menu finden Sie  unter der Rubrik Rituale weitere Artikel zur Gestaltung einer Trauerfeier ebenso wie einen Überblickstext zum Thema Riten des Übergangs. […]

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