Was kommt danach? Buddhist Charlie Pils antwortet

Beitrag zu unserer Umfrage, wie man sich das Jenseits vorstellt.

Unser Schwerpunkt im Dezember 2016 ist der Begriff „Elysium“, der in diesem Zusammenhang stellvertretend für das Jenseits steht. Wir waren neugierig von vielen Menschen zu erfahren, wie sie sich das Jenseits vorstellen. Dazu haben wir uns auf Stephen Hawking bezogen, der in einem Interview sagte: „Es gibt keinen Himmel; dies ist ein Märchen.“ Wie sehen Sie das?

charlie-pils-portraitCharlie Pils ist Dharma-Lehrer und vermittelt seit 1994 Einsichtsmeditation (Samadhi und Vipassana) auf den Grundlagen der Lehren des Buddha. Er ist der spirituelle Leiter des Meditationszentrums Buddha-Haus München.

Wie stehen Sie zu der These „Es gibt keinen Himmel; dies ist ein Märchen“

Stephen Hawking hat – innerhalb seiner Weltsicht und Selbstwahrnehmung „Ich bin der Computer“ – recht.

Ich denke mal einfach eine andere Idee: Es ist anders rum.

Das „materielle“ Gehirn ist das Produkt des Bewusstseins. Das wesenlose, substanzlose, materielle Gehirn mit all seinen geistigen Funktionen ist das Produkt der universellen Intelligenz, die sich selbst in einem Menschen auf dessen Körper begrenzt: Körper-Bewusstsein.

Damit unterliegt die somit begrenzte „in Wahrheit“ universelle, unbegrenzte Intelligenz, die eigentlich zu allen Manifestationen des Lebens: „Ich bin das“ sagen könnte, einer unbewussten Täuschung. Die eine, eigentlich namenlose Intelligenz, nennen wir sie mal „Gott“, hat sich selbst in einem Körper verloren, vergessen – und glaubt nun, sie wäre Ilse Meier.

Alle mehr oder weniger „intelligenten“ Ansichten, Glaubensvorstellungen und Philosophien entstehen aus dem Standpunkt: „Ich bin – Ilse Meier“ oder „Ich bin – Stephen Hawking“  und existieren nur, solange sie gedacht werden.

Andererseits hätte „Gott“ auch die Möglichkeit, sich selbst zu erkennen – durch Ilse Meier oder durch Stephen Hawking. Die beiden müssten nur mal aufhören Ilse Meier beziehungsweise Stephen Hawkin zu denken. Übrig bliebe dann, rein mathematisch, nur ein stilles, nichtdenkendes „Ich Bin – Das Wissen um das Sein = Bewusstsein“ ohne etwas zu sein, was in jedem Fall sterblich ist: Körperbewusstsein.

Wenn das Körperbewusstsein vorrübergehend „stirbt“, ob in einer „Nahtoderfahrung“ oder in der Erfahrung eines „Mystikers“, ändert sich natürlich die Selbstwahrnehmung in eine neue Ansicht, die sich auf einen „Erfahrenden“ bezieht:

“Ich bin – ein subtiler Körper mit subtilen Gefühlen, subtiler Wahrnehmung und subtilem Bewusstsein“ bis hin zu: „Ich bin – körperloser, unbegrenzter Raum und unbegrenztes Bewusstsein.“

Der „Erfahrende“ entsteht und vergeht jedoch mit dem Erfahrenen – „Er“ hat keine Substanz.

Alles das sind nur Erfahrungen in den feineren Schwingungen einer subtiler sich gestaltenden Lebenskraft mit subtileren Gefühlen, Wahrnehmungen und einer subtileren Intelligenz. Es geht um Existenzformen, die man „himmlisch“ oder göttlich“ nennen könnte, die aber auch substanzlos, vergänglich sind – jedoch frei von Körperbewusstsein.

Aber schon ist da wieder ein „Jemand“, der das zu „ich“ und „mein“ macht,  der sich selbst als eine „reine, substanzielle Seele“ dünkt: „Ich bin – ein „Engel“ oder „Ich bin – ein „göttliches Wesen“ – immer getrennt von anderen „niederen“ oder „höheren“ Wesen.

Immerhin eine „große, befreite (?), liebende(?), mehrwissende „Seele“: „Ich bin nicht begrenzt auf das Körperbewusstsein“ – „ich bin etwas Größeres“……. zu der Zeit!!!….
Und dann…..? Ist dieses Engelswesen schon die „göttliche Seele“, schon unsterblich? Und wo lebt sie dann? In einer subtilen, unvergänglichen „himmlischen Welt“?
Oder wird sie in einem neuen, sterblichen „Leidenskörper“ wiedergeboren ohne Erinnerung, aber mit dem Gelernten aus früheren Leben (Karma) … um … was ist denn das Ziel?
Wohin geht die Evolution des Bewusstseins – wenn eine Evolution des Bewusstseins innerhalb des kosmischen Gesetzes möglich ist? Endet sie mit der Antwort auf die Frage: Woher komme ich – Wer bin ich – Wohin gehe ich? Will sich das Leben seiner selbst bewusst werden? Will sich „Gott“ seiner selbst bewusst werden? Erlischt dann die Täuschung „Ich bin – Ilse Meier“ und sie würde nach dem „Ich-Tod“ – also dem Ende der Täuschung „aufwachen“, „auferstehen“ in das Bewusstsein: Ich bin – das Licht der Welt? Ich bin – die Wahrheit? Ich Bin – das Leben? Ich Bin- die Liebe? Da ist nur das Instrument des Lebens, das stirbt: Der Körper samt dem inzwischen perfekten Computer, der seine wahre Existenz durch sein Schweigen bezeugt. Sein und Nicht sein ist eins, Geburt und Tod sind eins.

Spannender ist die Frage: Ist es möglich, dass die Entwicklung des Bewusstseins dahin geht, Wesenheiten zu erschaffen, die im Bewusstsein der Einheit das „Gesetz der Liebe“ leben – ohne Angst vor Alter, Krankheit, Tod?  Wesenheiten wie Ilse Meier, die dann sagen könnte: „Ich erkenne mich selbst in allen Formen des Lebens. Ich begegne mir selbst in allen Formen des Lebens. Ich bin alles – ich bin auch Donald Trump.“ Doch letzterer lebt noch in der Täuschung seiner persönlichen Weltsicht, seinen Glaubensvorstellungen wie auch Stephen Hawking und du und ich.

Also, es gibt noch viel zu lernen für dich und mich. Und was?  Meine verehrte „spirituelle Mutter“ Ayya Khema sagte dazu etwas ganz einfaches:

Nicht so viel Denken – mehr Lieben!

Ramana Maharshi würde wohl sagen

Meditiere nicht – Sei

Denke nicht, dass du bist – Sei

Denke nicht über das Sein nach – Du bist

Sei – Einfach Still

Haben Sie eine eigene Vision, Gedanken, Vorstellungen davon, wie ein Leben nach dem Tod aussehen könnte, die Sie uns kurz beschreiben können?
Nein – keine Vorstellungen, nur etwas Pragmatisches. Eine Buddhalehre in freien Worten übersetzt: Übe dich in Selbstlosigkeit, Begierdelosigkeit, Hasslosigkeit.

In einem selbstlosen, begierdelosen, hasslosen Bewusstsein, erfährst du dich selbst und alles Leben aus einem zugrundeliegenden stillen Frieden mit einem von universeller Liebe, allumfassenden Mitgefühl, grenzenloser Freude durchdrungenem, reinen Bewusstsein. Und wenn es eine Wiedergeburt gibt, wirst du, gemäß des „Karmagesetzes“, in einer reinen Welt wiedergeboren werden. Und wenn es keine Wiedergeburt gibt, hattest du ein erfülltes Leben.

Hilft eine himmlische Vision im Umgang mit dem Tod im Leben?

Nur ein Mensch, der im Leben ohne Widerstand im Einklang mit der Realität der Lebensgesetze lebt – immer Jetzt – und der die Bedingungen für eine „himmlische Widergeburt“ gelebt hat (siehe oben) – immer Jetzt – wird reuelos und vertrauensvoll loslassen können, also keinen Widerstand leisten; kein Festhalten wollen: Mitten im Leben – immer Jetzt – so auch im Sterben. Du stirbst, wie du gelebt hast – immer Jetzt.

Ist das wahr?

Lisa Freund
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