Sternenkinder

Über einen Begriff, dessen Bedeutung sich verändert

Als Sternenkinder bezeichnete man noch vor einigen Jahren Kinder, die bei der Geburt weniger als 500 Gramm wogen, die entweder kurz vor, während oder nach der Geburt starben. Heute hat sich dieses Wort auch eingebürgert für Kinder, die mehr als 500 Gramm wiegen und nicht lebensfähig sind. Zu beobachten ist gegenwärtig eine Ausweitung des Begriffs auf alle, generell früh verstorbenen Kinder und auf Embryos, die nur kurz gelebt haben.

raywong2016-pixabay-star-tracks-1247850_1920Andere Wörter sind Schmetterlingskind oder Engelskind, wobei das erstere die Wandlung, die Metamorphose vom Erd- zum Luftwesen betont und das Wort Engelskind den direkten Übergang ins Himmelreich, in Gottes Gefilde, beschreibt. Die Seele hat in allen drei Wörtern Flügel bekommen.

Verbundensein und Loslassen

Wenn ich sage: „Ein Sternenkind ist gestorben“, dann heißt das, die Seele eines kleinen gestorbenen Menschen hat den Himmel oder die Lichtwelt erreicht, noch bevor sie ins menschliche Leben aktiv eingetreten ist. Das Kind hat Zeichen gesetzt. Es war einige Monate im Bauch der Mutter ein lebendes Wesen. Das Sternenkind hat Mutter und Vater zu Eltern gemacht, die anderen Kinder zu Geschwistern. Es hat vielleicht Großeltern, andere Verwandte, ist Teil einer Familie geworden, auch wenn die kleine Seele gleich wieder einen anderen Weg gegangen ist. Alle in der Familie stehen in Beziehung zueinander. Eltern können ihr Kind begrüßen, es in die Familie auf- und annehmen und wieder entlassen. Mit der Begrüßung bei der Geburt beginnt der Abschiedsprozess, der so weh tut und doch heilsam sein kann.

So gesehen, betont der Begriff Sternenkinder, der in Wikipedia als poetische Wortschöpfung gilt, das Verbundensein miteinander. Eine Seele ist in den kleinen Körper ein- und dann gleich wieder ausgezogen, hat im Universum ihren Platz gefunden. Das Wort bezieht sich auf das feinstoffliche Wesen des Kindes.

Negative Wertungen schaden

Noch vor einigen Jahren hat man mit scheinbar „neutralen Begriffen“ wie Totgeburt, Fehlgeburt oder Abgang, Abort mitgeteilt, dass das Baby, das erwartet wurde, vorzeitig gestorben ist. Diese beiden Begriffe enthalten die Entpersonalisierung bzw. Versachlichung einer emotional tiefgreifenden Erfahrung, die das Leben der Eltern und aller Familienmitglieder für immer verändert, schaffen eine künstliche Distanz zum Geschehen. Es scheint ganz so, als ginge es nicht um das kleine, menschliche Wesen, das die Erde aufgesucht, aber gleich wieder verlassen hat. Beim Wort Totgeburt dominiert die Versachlichung, bei Fehlgeburt schwingt eine negative Wertung mit in etwa: Da ist etwas schief oder falsch gelaufen. Wo es ein Falsch gibt, gibt es auch ein Richtig. Es wird gewertet, damit auch abgewertet. Das ist schmerzlich für alle Betroffenen. Was haben wir falsch gemacht? Belastende Schuldgefühle und Selbstvorwürfe können die Eltern heimsuchen. Beide Begriffe enthalten ein Wegschieben des Themas, das Vermeiden/Nichtwahrhabenwollen der menschlichen Seite, die so leidvoll ist. Das drückte sich ganz praktisch in Verhalten aus. Fehlgeburten unter 500 Gramm wurden als Klinikmüll entsorgt!

Das Wort Sternenkind weckt mit Leichtigkeit, Schönheit, der Verbindung zum Himmlischen, mit Assoziationen zu funkelndem Licht im Dunkel der Nacht verknüpfte Vorstellungen. Wir gehen in positive Resonanz. Das gibt Kraft.


Links

Hilfsangebote – Beratung – Information
Bundesverband Verwaiste Eltern

www.veid.de
Leben ohne dich – Selbsthilfe für verwaiste Eltern

www.leben-ohne-dich.de
Sternenkinder auf Gedenkseiten

www.gedenkseiten.de/gedenkseiten/sternenkinder/

Außerdem:

Video: Sternenkinder: Wenn Babys tot geboren werden

 

Lisa Freund
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