Editorial zum Schwerpunkt Humor und Sterben Februar 2017

„Es sind nicht die Dinge selbst, die uns beunruhigen, sondern die Vorstellungen und Meinungen von den Dingen“, schrieb der griechische Philosoph Epiktet. Sterben und Tod sind besondere Kristallisationspunkte für Vorstellungen, die uns aufs tiefste verstören können. Visionen von Schmerzen, Kontrollverlust, Einsamkeit können wie eine dunkle Lawine in die Tiefe reissen.

Natürlich gilt dies nicht für alle Vorstellungen. Der Glaube an die Auferstehung, an eine glückliche Wiedergeburt oder das Bild eines klaren wärmenden Lichtes sind unterstützende Kraftquellen. Diese bekommt man aber scheinbar nicht geschenkt, sondern man muss sie sich erarbeiten und dann hegen und pflegen. Gratis gibt´s dafür Ängste, Befürchtungen und Sorgen.

Niemand vermag mit Gewissheit vorherzusagen, was der Tod bereithält. Und auch das Sterben wird, so meine Erfahrung aus der Hospizarbeit, höchstwahrscheinlich ganz anders sein, als ich es mir heute vorstelle. So mancher, der sich zeitlebens Sorgen macht, stirbt in einer Sekunde bei einer Tangomilonga (wie mein Tanzlehrer). Und ein anderer, der nie einen Gedanken an das Sterben verschwendet, durchschreitet einen schmerzvollen Leidensweg.

Was kann uns also in unseren Vorstellungen von der letzten Lebensphase unterstützen? Ein geistiger und körperlicher Impulsgeber ist das Lachen, das auf spielerische Weise Distanz zu furchteinflössenden Vorstellungen schenkt. Mit dem Sinn für Humor lässt sich das Komische entdecken und mit dessen Hilfe ein überraschender Perspektivwechsel durchführen, von dem wir vorher nicht einmal ahnten, dass er möglich ist. Lachen katapultiert aus dem Grübeln in den Moment zurück und verbindet Leidensgenossen, wenn es gemeinsam geschieht, auf einer tief berührenden Herzensebene. Wer in Angst, Trauer und Depression gefangen ist, verharrt in einer Wahrnehmung, die für positive Aspekte kaum noch empfänglich ist. Hier sind Impulse von außen gold wert.

In der Februar-Ausgabe von Elysium Digital möchten wir einige vorstellen. Die Karikaturen von Karl-Heinz Möhl und Heinz Hinse sind grenzwertig im positiven Sinne, sie zeigen den Wert, der beim Überschreiten einer Schwelle zu gewinnen ist. Wer über das Mysterium unseres Daseins, den Verlust der eigenen Existenz, nicht nur verzweifelt ist, sondern auch für einen Moment schmunzeln kann, gewinnt wohltuende Distanz. Im Komischen findet sich eine Provokation, die herausfordert. Ebenso tabubrechend sind die lustigen Totenbretter aus dem 18. Jahrhundert. Heilsame Provokation geschieht durch die Arbeit der Klinikclowns. Welche Erfahrungen er bei seiner Arbeit macht, beschreibt Paul Kustermann. Und was sagt „der Tod“ dazu? Das erfahren Sie bei dem Interview mit dem Schnitter selbst. Also: Trotz allen Humors, sterben werden wir wohl trotzdem, aber das muss keine Tragödie sein, denn Lachen hilft dem Glück auf die Sprünge, das frei ist von Vorstellungen.

Hier geht des zu den Beiträgen unseres Schwerpunkt-Themas Humor und Sterben.

 

Harald-Alexander Korp
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