Meditation für Kranke und Verstorbene

mit Lichterritual und Checkliste

360642_web_r_by_maren-bessler_pixelio-deDiese kleine Zeremonie setzt sich aus zwei Teilen zusammen, die auch jeweils einzeln zelebriert werden können. In Berlin wird sie bis heute öfter in der ein oder anderen Variante angeleitet, und zwar beim Hospizverein Horizont, der zum tibetisch-buddhistischen Verein Bodhicharya gehört. Im zweiten Teil gibt es die Anleitung für eine Kraftquellenmeditation und eine Visualisierung, in der Verstorbene (oder Kranke) in ein heilendes Licht eingehen sowie Elemente wie Vergebung und Gedenken. Die Meditation bildet eine Brücke in den Raum des Verbundenseins, für den auch die Elysien stehen. Sie lindert den Schmerz der Trauer und entfaltet eine heilsame Wirkung. Das ganze Ritual ist überkonfessionell. Am Ende findet stets eine kleine Zusammenkunft mit Tee und einem Imbiss mit Plausch und Austausch statt. Eine Ablaufbeschreibung und Checklisten für Details sowie Spielraum für Notizen erleichtern die Vorbereitung. 


Meditation für Kranke und Verstorbene

(abgesprochen mit Ringu Tulku, tibetisch buddhistischer Lehrer, spiritueller Leiter von Bodhicharya, dem ersten buddhistisch orientieren ambulanten Hospizdienst in Berlin)

Begrüßung

Begrüßung und Vorstellung des Rituals mit den Inhalten und Regeln, die dazu gehören. Regeln: den Raum während des Ritus möglichst nicht verlassen. Wer kommt, wenn das Ritual begonnen hat, kann nicht mehr teilnehmen (siehe Schild an der Tür).

In kleiner Runde, können die Teilnehmer sich kurz vorstellen und ihre Bedürfnisse äußern. Dies sollte möglichst knapp sein. Nach der Vorstellungsrunde das Schild: „Bitte nicht mehr eintreten, das Ritual hat begonnen“,  an die Tür hängen. Danach beginnt das Ritual.

Ritualablauf

GONG mit der Klangschale

eventuell ein Zitat oder einen kleinen Text, der passt, zur Einstimmung vortragen

GONG

Stilles Sitzen (maximal fünf Minuten) mit Atembetrachtung. Das dient dazu, innerlich zur Ruhe zu kommen. Alle sitzen im Kreis.

GONG

Verteilen der Servietten mit den Lichtern sowie der Zettel, wenn noch nicht geschehen. Jeder schreibt den Namen einer Person auf den Zettel, für die er die Meditation macht, das kann eine Kranke, eine verstorbene Person sein bzw. in dringlicher Lage auch der Meditierende selber. Die Zettel werden rund um die Mitte des Kreises gelegt (z.B. um eine Kerze herum bzw. ein Blumengesteck) oder an einem Platz auf dem Altar arrangiert.

GONG

Die Ritualleiterin beginnt. Sie entzündet ihr Teelicht, nimmt es auf der Serviette in die Hand und nennt den Namen der Person, für die das Ritual gemacht wird, und formuliert Gedanken oder gute Wünsche, die sie mit auf den Weg geben will. Dann reicht sie die Kerze der Nachbarin zu ihrer Linken, damit diese ihr Licht entzünden und ihre Sätze sagen kann. Dies geht dann so weiter, bis alle in der Runde zu Wort gekommen sind.

Exkurs

Bei mehr als 15 TeilnehmerInnen sollten Sie dazu übergehen, dass alle zur gleichen Zeit das Licht entzünden (dann müssen genügend Streichhölzer da sein) oder dass auf einem feuerfesten Teller, der auch mit Blüten geschmückt sein kann, die Kerzen von einer Ritualleiterin schon angezündet worden sind, sodass jede TeilnehmerIn sich vom Teller eine Kerze nehmen kann. Wenn alle Lichter entzündet sind, ertönt der Gong.

GONG

Es folgt die Aufforderung: Schicke flüsternd oder still, jedoch in Worten formuliert, gute Wünsche an die gewählte Person oder die Verstorbene!

Ende der Kerzenrunde

GONG

Eventuell wird jetzt ein Text zum Thema Vergänglichkeit von der Ritualleiterin oder von einer Person, die einen Text vorbereitet hat, vorgetragen.

GONG

Nachwirken des Textes in stillem Sitzen mit Atembeobachtung (ca. 5 Minuten)

GONG

Visualisierung (Reinigungspraxis)

  1. Stelle dir im Raum über dir deine Kraftquelle vor. Es ist deine Verkörperung von Wahrheit, Weisheit und Liebe in einem allumfassenden Sinn. Das kann ein Buddha sein, Christus, ein spiritueller Lehrer, ein Licht, ein Kristall oder eine Erinnerung, die diese Qualität hat
  2. Stelle dir die Kraftquelle in Form von Licht vor und spüre das Gefühl von
    Geborgenheit und Schutz in ihrer Präsenz.
  3. Stell dir vor, Licht geht von deiner Kraftquelle aus und fließt über dich wie eine Dusche aus Licht oder ein zarter Sommerregen. Das Licht reinigt dein Energiefeld, schützt und klärt es und heilt.
  4. Das Licht fließt in dich über den Scheitel deines Körpers und verteilt sich in ihm bis in die Finger- und Zehenspitzen, bis in die Zellen hinein.
  5. Du kannst das Licht zu einer Körperstelle fließen lassen, die angespannt ist oder dorthin, wo eine Krankheit ist oder eine emotional Anspannung oder eine gedankliche Enge. Bleibe in der Verbindung mit deiner Kraftquelle, spüre ihre Heilkraft, ihre Liebe und Wärme.
  6. Stell dir vor, das Licht wäscht alle Anspannung und Verdunklung aus dir heraus, so dass diese sich auflösen können in Leere. Spüre die Verbindung zu deiner Kraftquelle.
  7. Nimm dich in der Präsenz deiner Kraftquelle innerlich gereinigt und geklärt wahr. Spüre die Herzensverbindung zu deiner Kraftquelle.
  8. Spüre, wie sich in deinem Herzen eine kleine Sonne entwickelt, genährt von der Kraftquelle, oder wie diese in dein Herz hineinfließt und dort eine Sonne bildet, die in alle Richtungen strahlt. Es ist die Sonne deines Mitgefühls, deiner Liebe.

Hauptvisualisation

angelehnt an Sogyal Rinpoches essentielle Phowa-Praxis in seinem Buch: Das tibetische Buch vom Leben und vom Sterben, S.257-262, oder die Herzenspraxis, S. 368-370.

Visualisierung
Sieh jetzt vor deinem geistigen Auge, die Gestalt des Menschen, für den du diese
Meditation machst, und zwar so, wie du ihn in guter Erinnerung hast.

  1. Schicke in Form von Sonnenstrahlen aus deinem Herzen, deine Liebe, dein Mitgefühl zu der Gestalt, die du vor dir siehst und bleibe in der Verbindung mit deiner Kraftquelle, während du das tust.
  2. Jetzt bitte deine Kraftquelle um Hilfe, indem du für den Menschen, der vor dir ist, darum bittest, dass durch den Segen, die Kraft des heilenden Lichts, all sein negatives Karma, alle Verdunklungen zerstörerischen Emotionen und Handlungen sowie Hindernisse gereinigt und beseitigt werden mögen. Due richtest diese Worte an deinen Menschen:
    „Mögest du für alles Negative, was durch Denken und Handeln entstanden sein mag, Vergebung finden. Mögest du deinen Weg voller Frieden gehen und mögest du, solltest du den Tod überwinden, allen Wesen, lebendig oder tot, wahren Nutzen bringen.
  3. Deine Kraftquelle sendet jetzt Liebe und Mitgefühl und heilende Energie zu der Gestalt vor dir. Die Lichtstrahlen reinigen alle zerstörerischen Emotionen Gedanken, alle Negativität und erfüllen das Wesen vor dir mit Liebe. Du unterstützt das mit den Sonnenstrahlen aus deinem Herzen, die du zu der Gestalt/dem Menschen vor dir schickst.
  4. Die Gestalt/ der Mensch verwandelt sich in Licht. Der Körper, ein Produkt von Karma, löst sich in dieses Licht hin auf.
  5. Als reiner Lichtkörper schwebt er nun nach oben und verschmilzt mit dem klaren Licht der Kraftquelle, so wie Licht sich mit Licht vereint.
  6. Verweile für einen Moment in dieser Erfahrung.

Rückkehr zur Atemmeditation

Komm zurück zum Atem. Spüre den Ein- und den Ausatem. Spüre den Kontakt zum Boden. Spüre, wie du sitzt in diesem Körper, in diesem Raum.

Widmung

Mögen durch die Kraft und die Wahrheit unsers Tuns / unserer Praxis
alle Wesen Glück erfahren und die Ursachen von Glück.
Mögen alle frei sein von Leid und den Ursachen von Leid.
Mögen alle niemals getrennt sein von der großen Glückseligkeit,
die frei ist von Leid.
Und mögen alle in Gleichmut leben,
frei von Anhaftung und frei von Abneigung.

GONG

Öffne die Augen, dehne strecke und räkle dich, verändere die Sitzhaltung, wenn
dir das gut tut.

Wenn es wichtig ist, dass Anwesende noch um Vergebung bitten können oder dem Anderen vergeben wollen, dann kann das nach Punkt 2 der Kernvisualisation eingefügt werden:

  1. Wenn du magst, kannst du jetzt den Menschen vor dir um Vergebung bitten. Bitte flüstere die Worte, gib ihnen ein wenig Klang.
  2. Wenn du magst, kannst du dem Menschen vor dir vergeben (wie oben)
  3. Wenn du magst, kannst du dich jetzt bedanken (wie oben)

Austausch

Mach deutlich, jetzt ist Zeit für Austausch. Wer etwas sagen möchte, kann das tun oder auch nicht.

Gemeinsames Teetrinken

Es gibt dann noch Zeit für ein Gespräch oder eine Tasse Tee für die, die wollen. Gib einen Zeitrahmen vor; etwa „Wir haben jetzt noch ca. 30 Minuten Zeit für eine Teezeit.

Du kannst an Nahtstellen, passende kleine Texte, lyrische, spirituelle oder Prosa einfügen, wenn möglich aus unterschiedlichen spirituellen Traditionen. Wähle jedoch nicht mehr als zwei bis drei Texte, da die Zeremonie sonst unüberschaubar wird. Die Texte sollten inspirieren, Weisheiten vermitteln und gut passen.

Vorbereitungscheckliste

  1. Vereinbare einen Ort und einen Termin für das Ritual.
  2. Besorge alle Utensilien: Teelichter und Servietten, Zettel, Stifte, Streichhölzer.
  3. Bereite Texte vor. Bringe eine Klangschale mit.
  4. Papiertaschentücher da haben
  5. Wegweiser für den Weg zum Meditationsraum schreiben und für Teilnehmer sichtbar anbringen oder eine Person für den Empfang der Gäste bestimmen
  6. Sitze für die Ritualleiter mit Kissen und allem, was nötig ist, vorbereiten und kennzeichnen. Je ein Glas Wasser für die Leitung. Ritualleiter checkt vor Beginn, ob alles in Ordnung ist.
  7. Tee und Kekse mit Tassen und Tablett vorbereiten. Klären, wo Tee getrunken wird, wenn das Ritual zu Ende ist.
  8. Sitze im Kreis anordnen, wenn möglich, eine Mitte gestalten oder einen Platz vor einem Altar vorbereiten – bei einer frontalen Sitzordnung. Dies muss eventuell sein, wenn viele TeilnehmerInnen kommen. Man kann auch einen Halbkreis vor dem Altar bilden.
  9. Je ein Teelicht auf einer Serviette auf die Plätze verteilen und einen Zettel sowie Stift hinlegen oder eine Stiftebox bereit halten. Die Verteilung dieser Dinge ist auch noch möglich, wenn alle da sind, falls es vergessen wurde.
  10. Teilnehmer betreten den Raum erst, wenn die Vorbereitungen abgeschlossen sind. Dies muss liebevoll kommuniziert werden, daher ist eine Ritualleiterin am Eingang sinnvoll, die emphatisch ist und Fragen zum Ritual gerne beantwortet.
  11. Wer den Raum betritt, sollte das in Stille und Würde tun. Bitte dazu auffordern.
  12. Wer möchte, kann Gegenstände, Andenken an die Verstorbenen oder Kranken in die Mitte legen oder diese an HelferInnen übergeben, die dann die Utensilien in der Mitte arrangieren, vielleicht auch mit Blüten und Zweigen. Das ist bei großen Gruppen nötig, um Chaos zu vermeiden.
  13. Vor Ritualbeginn räumt man aus der Kreismitte Gegenstände, die dort nicht hingehören: Taschen, Bücher und mehr.
  14. Bring ein Schild an der Tür an: „Bitte nicht mehr eintreten, das Ritual hat begonnen!“, und zwar nach der Begrüßungsrunde.
  15. Delegiere Einzelaufgaben verbindlich.
Lisa Freund
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